Holzeinschlag im Westerwald
Der durchschnittliche Fichtenbestand eines Forstes im Westerwald entspricht etwa 40%. Zweidrittel dieser Fichtenbestände sind durch die Trockenheit und den Borkenkäfer in den letzten 3 Jahren (seit 2017) abgestorben. Pro Forstrevier (welche je ca. 1.000 ha groß sind) werden täglich, über Monate ca. 1 bis 2 Sportplatzgrößen gefällt, wobei 100 ha Waldeinschlag etwa 20.000€ wirtschaftlichen Verlust bedeuten. Allein im Jahr 2020 wurden etwa 100.000 m3 abgeholt. Ende des Jahres 2021 bleiben schätzungsweise kaum noch Fichtenbestände übrig und es werden rund 30% aller Waldflächen kahl stehen.
Die zuständigen Waldbesitzer und Förster müssen schnell handeln, da die absterbenden Hölzer eine Gefahr für Verkehrsteilnehmer und Fußgänger darstellen würden. Starkes Holz kann als Bauholz zu 30 m3 pro Ladung nach China verfrachtet werden. Denn im Westerwald allein ist es kaum möglich diese Mengen an Holz in unseren hiesigen Sägewerken zu verarbeitet. Das schwächere Holz wird als Verpackungsholz, beispielsweise zu Paletten verarbeitet. Und das am stärksten beschädigte Holz wird als Energieholz für die Produktion von Spanplatten, Pellets oder Hackschnitzeln verwendet.
Die Fichte – Der Baum des Jahres 2017
Die Fichte gehört zu dem natürlichen Baumarten-Spektrum Deutschlands und kommt von Natur aus in höheren Lagen der Mittelgebirge und der Alpen vor. Mit einer Besiedlung von 25% der Waldflächen ist sie die häufigste Baumart in Deutschland. Ihr Anbau wird seit Jahrzehnten massiv diskutiert, denn durch ihre Alleskönner-Eigenschaften eignet sie sich bestens zum Bauen und ist daher sehr gefragt. Jedoch ergibt sich durch Ihren Verbau auch ein positiver Synergie-Effekt im Klimaschutz: durch ihre Nutzung als Baustoff und Energieträger kann die Verwendung anderer klimaschädlicher Stoffe (wie Stahl und Öl) eingespart werden und teilweise wird (bspw. durch ihre Verarbeitung in Dachstühlen, Fußböden oder Möbeln) Kohlenstoff der Atmosphäre entzogen und langfristig gebunden. Durch ihren schnellen Wachstum und ihre vielseitige Anwendbarkeit wird die Fichte zudem als wirtschaftlich interessanter Rohstoff von der Forst- und Holzindustrie angesehen.
Hierdurch entsteht unsere heikle Situation. Durch die hohe Nachfrage der Industrie wurden auch nach den Wiedergutmachungs- und Schadensersatzleistungen (siehe: die Waldbetroffenheit / Vergangenheit) weiterhin gerne Fichten angepflanzt. Fakt ist jedoch, je natürlicher und vielseitiger ein Wald besiedelt ist, um so weniger anfällig ist er gegen extreme Wetterereignisse, wie z.B. starke Stürme oder Trockenheit, welche durch den Klimawandel in den letzten Jahren immer häufiger auftreten.
Das perfekte Team: Borkenkäfer & Trockenheit
In den vergangenen Jahren wurde, wenn es um das Thema "Waldsterben" und "Einholzung" des Fichtenbestandes ging, vor allem über ein besonders kleines Insekt – den Borkenkäfer - gesprochen. Es gibt zwei verschiedene Arten seiner Gattung die für das Fichtensterben besonders relevant sind. Der >>Buchdrucker<< (siehe Abb. 1) ist der wichtigste und gefährlichste Schädling. Er befällt den Stammbereich der Fichtenbestände, welche sich im mittleren bis älteren Alter befinden. Hier sprechen wir von Fichten die über 50 Jahre alt sind. Sein Artgenosse, der >>Kupferstecher<< (siehe Abb. 1), bevorzugt bei seinem Befall hingegen die dünnborkigen Stammteile im Kronenbereich der Fichten aller Altersklassen. Auch dünnere Äste ab 3 cm Durchmesser sind für ihn bruttaugliches Material. Keine Gefährdung für die Wälder ist der >>Gestreifte Nutzholzborkenkäfer<<. Dieser befällt ausschließlich bereits eingeschlagenes Nadelholz; absterbende Hölzer, frische Stöcke, Abbrüche und Restholz. Sein Befall kann zwischengelagerte Nadelholzstämme erheblich entwerten.

Abbildung 1
Jede Borkenkäfergeneration sorgt pro Jahr für 2 bis maximal 3 nachkommende Generationen. Dabei dauert ein Zyklus (siehe Abb. 2), je nach Witterungsverhältnissen, etwa 7 bis 10 Wochen. Geschätzt folgen aus jeder Brut eines Weibchens während einer Vegetationsperiode 100.000 bis 250.000 Nachkommen.

Larven und Jungkäfer des Borkenkäfers fressen sich zwischen der Borke und dem Splintholz durch den sogenannten Bast. Hierbei werden die lebenswichtigen Versorgungsleitungen des Baumes durchtrennt. Durch das Einbohren wird der Harzfluss des Baumes ausgelöst. Wenn der Baum zu stark befallen ist und er sich nicht mehr mit seinem eigenen Harz, welches je Baum etwa 200 Käfer tötet, schützen kann, stirbt der Baum ab. Um das Harz produzieren zu können benötigt der Baum ausreichend Wasser. Dieses kann er jedoch oft wegen der durchtrennten Versorgungsleitungen oder einem zu niedrigen Grundwasserspiegel, welcher durch die immer häufiger auftretenden Trockenperioden und Dürren zustande kommt, als Flachwurzler nicht mehr aufnehmen.
Kupferstecker reagieren auf das Duftsignal von geschädigten Bäumen welches von diesen abgesondert wird, da sie für die Käfer eine gute Brutmöglichkeit darstellen. Abgestorbene Bäume die bereits rote Nadeln tragen, eine aufgeplatzte oder abgefallene Rinde haben und aus denen die Brut bereits ausgeflogen ist, werden nicht erneut befallen.
Die zunehmenden durch den Klimawandel auftretenden Extrem-Wetterereignisse begünstigen die Massenvermehrung des Borkenkäfers landesweit. Besonders Fichtenforste sind für diese Ereignisse sehr anfällig. Fichten sind Flachwurzler und somit bei zu niedrigem Grundwasserspiegel nicht in der Lage genügend Wasser aufnehmen können. Hierdurch werden sie für Wind- und Schneebruch oder -wurf besonders anfällig.
Die natürlichen Feinde der Käfer, wie das bereits erwähnte Harz der Nadelbäume, Räuber wie Ameisenbuntkäfer und Spechte, aber auch Parasitoide und Krankheitserreger konnten die extreme Massenvermehrung des Borkenkäfers in den vergangenen Jahren kaum vermindern. Auf den Einsatz von Pestiziden und Insektiziden wurde während der extremen Borkenkäferbefallzeiten meist abgesehen, da die Verarbeitung des Holzes ansonsten nicht mehr den Zertifizierungs-Richtlinien entsprochen hätte. Des Weiteren waren viele der Forstwirte der Ansicht dass diese Vernichtungsmittel bei der extremen Massenvermehrung, wenn überhaupt, nur einen sehr geringen Effekt gehabt hätten.
Quelle
https://www.baysf.de/de/medienraum/pressemitteilungen/nachricht/detail/die-fichte-ist-baum-des-jahres-2017.html
https://www.nabu.de/news/2018/09/25109.html
https://www.forstpraxis.de/kleines-einmaleins-des-borkenkaefers/
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Naturschutzgebiete_im_Westerwaldkreis
https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Wald-Holz/Tabellen/holzeinschlag-ursachen.html
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/07/PD20_N041_412.html
https://www.wald.rlp.de/de/forstamt-neuhaeusel/wald/wem-gehoert-der-wald/news/detail/News/aufgrund-von-borkenkaeferbefall-waldbesitzende-gemeinden-im-westerwald-verlieren-im-schnitt-rund-20/